Perusonntag 2008

Predigtgespräch zu 20 Jahre Partnerschaft (Pfarrer Geißler (1.) / Pastoralreferent Wisser (2.))

1. Also jetzt muss ich doch mal was fragen: Seit drei Sonntagen hängt hier dieses Hungertuch. Das hatten wir doch schon vor zwei Jahren hier hängen. Gibt es denn kein Neues? Und jetzt steht auch noch diese Brücke hier vor dem Altar. Die hatten wir doch auch schon vor ein paar Jahren bei unserem Jahresmotto „Brücken bauen“. Wir haben doch in diesem Jahr ein ganz anderes Motto!

2. Die Fragen sind berechtigt. Ich kann sie aber auch ganz leicht beantworten. Natürlich haben wir heute im Gottesdienst zwei Symbole, die wir alle schon kennen. Aber das hat gute Gründe. Die Brücke haben wir heute noch einmal hervorgeholt um an eine ganz wichtige Brücke zu erinnern, die seit 20 Jahren besteht und an der viele Menschen mitgebaut haben.
1. Du meinst die Brücke nach Peru zu unserer Partnergemeinde Nuestra Senora de la Esperanza in Lima, die seit 20 Jahren besteht.
2. Ganz richtig. Wir können heute in großer Dankbarkeit auf diese 20 Jahre zurückschauen. Da ist wirklich ein großes Bauwerk, eine Brücke im wahrsten Sinne des Wortes entstanden und wir wollen heute an die Konstrukteure und Baumeister erinnern, die daran mitgebaut haben. Sehr viele haben dazu beigetragen, dass aus der Idee einer Partnerschaft mit Menschen in Peru eine so dauerhafte und intensive Beziehung und Freundschaft entstanden ist.
1. Dann macht es ja auch Sinn, dass wir hier unsere Brücke noch einmal als Symbol für diese Partnerschaft hervorgeholt haben. Und dann macht es auch Sinn, dass hier noch einmal unser selbst gemaltes Hungertuch hängt, das vor zwei Jahren in den Gruppierungen unserer Pfarrgemeinde entstanden ist. Denn ein Bild wurde ja von unserem Perukreis gemalt.
2. Mehr noch. Dieses Bild hier unten macht sehr deutlich, was Partnerschaft bedeutet. Denn die Idee für das Bild, der Entwurf stammt von Cäsar einem Mitglied unserer Partnergemeinde in Lima. Das Hungertuch ist ein sichtbares Zeichen dafür, wie Menschen trotz großer Entfernung gemeinsam etwas schaffen können.
1. Es macht deutlich, wie sich Menschen ganz unterschiedlicher Kulturkreise über Tausende von Km näher kommen. Wenn sie mutig und vorurteilsfrei aufeinander zugehen, sich austauschen und miteinander den Glauben leben. Da passt ja das heutige Evangelium ganz gut zu unserem Jubiläum. Auch hier begegnen sich an einem öffentlichen Platz, zwei ganz unterschiedliche Menschen offen und mutig. Denn es war ja eigentlich damals nicht schicklich, dass ein Mann eine Frau in der Öffentlichkeit ansprach und noch dazu wenn sie eine Samariterin war. Aber Jesus setzt sich über diese Vorschriften hinweg und redet nicht nur mit der Frau, sondern diskutiert mir ihr religiöse Fragen.
2. Er nimmt die Frau ernst. Er gibt ihr – die sie ja bisher recht würdelos von Männern behandelt wurde – ihre Würde zurück. Er schenkt ihr Wertschätzung und Anerkennung, Zuneigung und Freundschaft. Er gibt ihr vom Wasser des Lebens, wie er es nennt. Und darum geht es doch auch in unserer Partnerschaft mit den Menschen in Lima.
1. Für mich wird im heutigen Evangelium etwas sehr deutlich, was auch im Blick auf unsere Partnerschaft gilt: Die Frau am Brunnen denkt beim Gespräch über das Wasser zunächst an das Materielle, an die alltäglichen Bedürfnisse, die der Mensch eben hat. Und vielleicht haben einige zu Beginn der Partnerschaft mit Peru auch in erster Linie daran gedacht, den Menschen zu helfen ihre materiellen Bedürfnisse zu befriedigen. Aber wir haben alle gemerkt, so wie die Frau am Jakobsbrunnen, dass es in einer Partnerschaft um weit mehr geht. Es geht um das Wasser des Lebens, wie Jesus es nennt. Es geht um die gegenseitige Wertschätzung und Achtung. Es geht um einen Austausch und eine Beziehung auf gleicher Ebene. Es geht um Nähe und um Zuwendung. Es geht darum Denkbarrieren zu überwinden und Brücken der Menschlichkeit zu bauen.
2. So macht die Begegnung am Jakobsbrunnen deutlich, wie Begegnungen zwischen Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft und Lebensentwürfe funktionieren und uns bereichern können Da stellt sich für mich die Frage: Was ist uns denn alles geschenkt worden durch die Partnerschaft mit den Menschen in Lima? Welche Geschenke der Partnerschaft können wir heute auf unsere Brücke legen? ……
1. Weitblick als Geschenk: Die Partnerschaft hat uns gelehrt weit über den eigenen Kirchturm hinaus zu schauen. Wenn man nur um sich kreist, dann werden oft die eigenen, kleinen Sorgen und Probleme immer größer und man verliert den Blick für das Ganze. Die Partnerschaft hat uns die Augen geöffnet für die Sorgen und Nöte anderer Menschen. Wir haben erfahren, wie Menschen in einem anderen Teil der Welt ihr Leben und ihren Alltag gestalten.
2. Und dabei haben wir vor allem erfahren, mit welcher Glaubenskraft und Zuversicht sie ihren oft schweren Alltag meistern. Die gegenseitige Verbundenheit im Glauben ist vielleicht das größte Geschenk dieser vergangenen 20 Jahre. Unser Partnerschaftskreuz hier in unserer Kirche, das auch in der Kirche unserer Partnergemeinde hängt bringt es zum Ausdruck: Wir sind in den Gebeten und Fürbitten miteinander verbunden. So wie wir heute hier im Namen Jesu versammelt sind und unsere Schwerstern und Brüder in Lima in unsere Gebete mit einschließen; so wissen wir, dass auch die Menschen in unsere Partnergemeinde an uns denken und unsere Sorgen und Nöte in ihre Gebete einschließen.
1. Wir waren uns aber in den vergangenen Jahren nicht nur im Gebet nahe oder in den Briefen und Emails, sondern es gab immer auch wieder persönliche Begegnungen, die zum Fundament langjähriger Freundschaften geworden sind. Für manche von uns ist diese persönliche Begegnung und Freundschaft mit beeindruckenden Menschen ein sehr kostbares Geschenk der Partnerschaft. Stellvertretend für viele Menschen, die man hier aufzählen könnte, will ich nur einen nennen: Padre Landotti ….
2. Ein besonderes Herzensanliegen von Padre Landotti waren die Schulpatenschaften. Auch das ein besonderes Geschenk der Partnerschaft. Ein Geschenk sowohl für die Kinder in Lima, die damit die Möglichkeit bekamen, lesen und schreiben zu lernen, verbunden mit der Hoffnung auf eine gute Zukunft. Ein Geschenk aber auch für die Paten hier in Bühl, die durch die Brief- Kontakte Jugendliche eines anderen Kulturkreises kennen lernen konnten.
1. Eine andere Kultur kennen gelernt zu haben, das können wir doch durchaus auch als ein Geschenk erwähnen. Wir singen hier im Gottesdienst spanische Lieder, wir werden nachher beim Mittagessen im Haus Alban Stolz peruanische Gerichte genießen können, die Mitglieder unserer Pfarrgemeinde vorbereitet haben. Wir werden dieser Kultur begegnen, wenn wir anschließend in einem kleinen Rückblick Bilder sehen und Mitglieder unseres Peru-Kreises von ihren Besuchen in Peru erzählen.
2. Vieles könnten wir noch nennen, was uns geschenkt wurde durch die Partnerschaft. Ein Geschenk wollen wir noch sichtbar auf unsere Brücke legen. Der Traum von einer gerechteren Welt. Wir wissen, dass die Gaben der Schöpfung, die Gott uns geschenkt hat ungerecht verteilt sind. Wir haben gelernt dies zu sehen und dafür einzutreten, dass alle Menschen auf unserer Welt menschenwürdig leben können. Dazu können wir zum Beispiel beitragen, wenn wir bei unserem Eine-Welt-Verkauf, der ebenfalls eine Initiative unseres Peru-Kreises ist, für die Waren und Produkte der Menschen in den armen Ländern, faire Preise bezahlen.
1. Die Solidarität mit den armen Menschen und die Mitarbeit an einer gerechteren Welt kommen auch zum Ausdruck in der großen Spendenbereitschaft vieler Menschen aus unserer Gemeinde und weit darüber hinaus. Auch dies wollen wir dankbar als großes Geschenk unserer Partnerschaft nennen. Als Hilfe zur Selbsthilfe konnten mit diesen Spenden etliche Projekte unterstützt und gefördert werden.
2. Wenn wir all unsere Geschenke nun hier auf unserer Partnerschaftsbrücke aufgebaut haben, so werden sie gleichsam zu Bausteinen. Wir wollen weiterbauen an dieser Brücke zu den Menschen in unserer Partnergemeinde. Wir bauen auf dem Fundament, das vor 20 Jahren mutige Frauen und Männer gelegt haben weiter, so wie es viele vor uns schon getan haben. Wir sind zuversichtlich, dass mit Gottes Hilfe diese Brücke immer stabiler und mächtiger wird und mit dazu beiträgt, dass unsere Eine Welt mit jedem Baustein ein klein wenig gerechter und menschenfreundlicher wird.