Reisebericht von Susi Jacobs
Nachdem bereits über 3 Jahre nach dem letzten Besuch einer Delegation in unsere Partnergemeinde „Nuestra Señora de la Esperanza“ vergangen waren, entschloss ich mich, zusammen mit Uschi Hansen und Azucena Wolf – beide Mitglieder im Peru-Kreis – und mit Frau Bertele u. Herrn Hansen, im Spätjahr nach Peru zu reisen.
Nach dem plötzlichen Tod von Padre Pepe im Dezember 2005 und dem Beginn unseres neuen Projektes – die Ausbildung von Jugendlichen – war es an der Zeit, unsere Partnergemeinde wieder einmal zu besuchen. Außerdem wurde im Juli diesen Jahres der junge Kaplan Mario Yepez als Pfarrer der Gemeinde eingesetzt und die Feier des 20-jährigen Jubiläums der Partnerschaft war für Herbst geplant.
So starteten wir am 13. November ab Stuttgart via Amsterdam nach Peru und wurden in Lima von Padre Mario zusammen mit 4 Mitgliedern der Partnerschaftsgruppe – Mirna, Andrea, Hilda und Melissa – mit einem großen Plakat „Bienvenidos – Willkommen“ sehr herzlich empfangen. Die Fröhlichkeit und die Ausstrahlung des jungen Pfarrers beeindruckten uns sehr und nachdem ich im Laufe der nächsten Tage genaueste Abrechnungen und Belege über alle von uns finanzierten Projekte erhielt, können wir nur hoffen, dass uns dieser tüchtige Pfarrer möglichst lange erhalten bleibt. Er gehört dem Orden der Vincentiner an, wie auch schon sein langjähriger Vorgänger Padre Landotti.
Was hat sich nun eigentlich in den 10 Jahren seit meinem letzten Besuch 1998 verändert? Im reichen Lima ja, ist alles schöner, sauberer geworden, es gibt mehr Gärten und Parks und wenn man die Armenviertel ignoriert, so kann den ausländischen Gästen eine schöne Stadt präsentiert werden. Doch für die Armen hat sich so gut wie nichts verändert, d.h. sie sind noch genauso arm wie vor 10 Jahren. Es gibt zwar mehr Elektrizität und mehr Wasser und die Schulbildung ist auch besser geworden. Doch was nützt es den Familien, wenn sie zwar kein Schulgeld zahlen müssen, doch ohne Schuluniform und Schulmaterial können die Kinder nicht zur Schule gehen. Die Straßen waren vor 10 Jahren Kies- und Sandwege, in der Zwischenzeit wurde eine Teerschicht ohne fachgerechten Unterbau aufgebracht, alles längst wieder kaputt, sodass die Autos Schwierigkeiten haben, den vielen Schlaglöchern auszuweichen. Es hat den Anschein, als hätte man die Armenviertel von Lima ganz einfach „vergessen“!
Die Tage in der Pfarrei waren ausgefüllt mit einem vollen Programm. Am Abend Treffen mit den einzelnen Gruppierungen und am Tag Besuche in Familien, die durch unseren Sozialfond unterstützt werden. Aufgrund des relativ kalten und nassen Winters (unser Sommer) mussten einige Häuser und vor allem die Dächer repariert werden, was von Jugendlichen der Pfarrei geleistet wurde. Das Material wurde von uns bezahlt.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Da ist z.B. Maria- eine alte Frau die bisher in einer Strohmattenhütte steil oben am Hang gelebt hat. Ihr wurde eine ganz neue Hütte gebaut, d.h. ein Boden aus Zement erstellt und vier Wände (ohne Fenster) aus Presskarton und darüber ein Wellblechdach. Am letzten Tag unseres Aufenthaltes besichtigten wir die fast fertige Hütte – sie war überglücklich uns ihre Wohnung zu präsentieren: eine Dreibeinliege, ein Schränkchen und in der Ecke eine Krippe. Ihr warmes Essen jeden Tag bekommt sie aus der Volksküche der Pfarrei, doch wenn sie sich selber etwas kochen will, tut sie das wie bisher im Freien, d.h.. sie macht sich zwischen den Steinen ein Feuer und darauf stellt sie ihren Topf.
Dann der Taxifahrer Jorge Vongora mit zwei behinderten Kindern. Da er diese Kinder nicht einmal krankenversichern kann, wird er vom Staat weder für eine Behindertenschule noch für die notwendigen Dinge wie Schuheinlagen (für die verkrümmten Füße), noch Brille oder spezielle Medikamente unterstützt, muss also alles selbst bezahlen. Seine Einnahmen mit einem gemieteten Taxi sind so unsicher und gering, dass er ständig auf Unterstützung aus unserem Sozialfond angewiesen ist. Ein zinsloses Darlehen für ein eigenes Taxi (natürlich ein Gebrauchtwagen) wird ihn in die Lage versetzen, für seine Kinder selbst aufzukommen.
Eine positive Neuerung in unserer Partnergemeinde ist allerdings das Medizinzentrum. Bisher waren hier 2 – 3 Ärzte wöchentlich nur stundenweise tätig, doch nun sind 3 Ärzte ständig anwesend und mehrere Fachärzte außerdem stundenweise im Einsatz. Es gibt ca. 12 verschiedene Fachrichtungen und ein Ärzte-Team hat das über Jahre hinweg aufgebaute Medizinzentrum gemietet und führt es in eigener Regie und auf eigene Kosten. Wo die Unterstützung her kommt, konnten wir nicht wirklich ausfindig machen, doch Tatsache ist, dass diese Einrichtung für das ganze riesige Armenviertel ein Segen ist.
Unser z.Z. ältestes Projekt ist die „Schulpatenschaft“ für 17 Kinder. Mit 200 $ pro Jahr werden ihnen durch die Bühler Paten das Schulmaterial und die notwendigen Uniformen bezahlt. Unser neues Projekt das „Stipendium“ zur Ausbildung von 16 Jugendlichen ist ein voller Erfolg. In 2-3 Jahren erlernen sie in einem Institut einen Beruf und haben nach dem Abschluss gute Chancen, eine Arbeitsstelle zu finden.
Alle beteiligten sich am für uns vorbereiteten „Bunten Abend“ und trugen in irgendeiner Form zum Gelingen bei. Die Jugendlichen präsentierten in einer perfekten „Power-Point-Show“ ihren jeweiligen Beruf und da darunter auch zwei angehende Köche waren, hatten sie für uns feine, kunstvolle Häppchen vorbereitet. Die Kleinen und die Großen hatten folkloristische Tänze in wunderschönen, teilweise geliehenen Kostümen, einstudiert.
Am nächsten Morgen wurde in der Kirche feierlich das 20-jährige Jubiläum der Partnerschaft begangen, zelebriert von Padre Mario, Padre José Landotti – er ist extra aus Rom angereist um das Jubiläum (sein Werk) mitzuerleben – und der angehende Priester Guillermo (der jahrelang von einer Dame aus Bühl unterstützt wurde). Umrahmt wurde der Gottesdienst vom Chor der Gemeinde bestehend aus Instrumentalisten und Sängerinnen mit wunderschönen Stimmen. Nach dem Gottesdienst hatten wir die Pfarrgemeinde im Innenhof zum Abschied zu einem Frühstück eingeladen an welchem sicher 250 Menschen teilnahmen. Es war ein fröhliches Fest, nochmals umrahmt von den temperamentvollen peruanischen Tänzen und zum Schluss mussten wir alle auch mittanzen. Alt und Jung ließ sich anstecken von dieser ausgelassenen Fröhlichkeit!
Nach diesem Fest machten wir uns alle auf den Weg Richtung Süden zu unserer großen Tour. Nachdem ein Teil unserer Gruppe ja schon den Norden mit Huaraz, Chimbote, Trujillo und Chiclayo bereist hatte, war ich nun auf der Süd-Tour auch dabei. Es ging nach Pisco/Ica (hier starben beim Erdbeben am 15. August letzten Jahres 500 Menschen), zu den Islas Ballestas (ein Paradies für Seelöwen, Robben, Pinguine, Pelikane usw.), dann nach Nazca (die rätselhaften Nazca-Linien) und nach Arequipa der wunderschönen, weißen Stadt auf 2.300 m Höhe. Nächstes Ziel war die Colca-Schlucht und das Kondor-Kreuz, Puno und der Titikakasee und letztendlich Cuzco, die Hauptstadt der Inkas mit dem Valle Sagrado u. Machu Picchu, die geheimnisvollen Inka-Stätten. Der höchste Punkt unserer Exkursion war 4.900 m, eine Höhe, die manchem von uns zu schaffen machte.
Susi Jacobs