Dankbar und zuversichtlich auch in unruhiger Zeit

Dankbar und zuversichtlich auch in unruhiger Zeit

Die Turbulenzen in der aktuellen Politik Perus sind nicht nur aus unserer Distanz von 11.000 km schwierig nachzuvollziehen. Gleichzeitig wirken sie sich auch ganz direkt auf die Menschen in unserer Partnergemeinde Nuestra Señora de la Esperanza aus:

So hat unsere Hauptansprechpartnerin Maria ihre Stelle als Lehrerin in einer Privatschule verloren und arbeitet jetzt zu deutlich schlechteren Bedingungen an einer staatlichen Bildungseinrichtung. Allgemein ist die Sicherheit gefährdet und Maria bedauert sehr, dass Peru in den Augen der Welt als instabiles Land betrachtet wird. Intensivieren wir unsere Gebete für mehr Sicherheit und Frieden in diesem leidgeprüften Land.

Auch die Briefe der jungen Stipendiaten, die sich mit vielen guten Wünschen zum Weihnachtsfest und einem gelingenden Jahr 2023 bei uns bedanken, lassen Unsicherheiten im Alltag erkennen, wie auch in den folgenden Ausschnitten zum Ausdruck kommt (Übersetzung der Briefe von Christiane Maurer). Ganz klar zeigen sich auch die grundlegenden Einschnitte, welche die Corona-Pandemie in das Leben aller brachte, wie auch die daraus entstandenen Neubewertungen von Studium, Glauben, Arbeit und Alltag:

„… Nun, was meine Familie betrifft, so sind wir gesund, meine Eltern arbeiten gemeinsam in einer Metallschreinerei und meine beiden jüngeren Schwestern lernen und gehen zur Schule. Die Kleine, Gabriela, geht in die vierte Klasse der Grundschule, meine andere Schwester lernt Kosmetikerin an einem Institut.

Die Rückkehr zur Vor-Ort-Präsenz hat mich persönlich schon etwas aus der Bahn geworfen, denn vorher sparte ich mehrere Stunden für die Hin- und Rückfahrt zur Universität, da diese weit von meinem Wohnort entfernt ist. Es war für mich von Vorteil, wenn wir sowohl physische als auch 3D-Modelle machten, obwohl wir mehr am Computer entwarfen. In der Tat haben wir eine Menge Materialkosten gespart. Aber jetzt ist es anders, da alle Modelle, die wir machen, physisch sind, und oft lassen uns die Architekten das Projekt neu überdenken und weiterentwickeln, so dass ich in diesem Semester mehrere Modelle machen musste. Auch der Transport ist kompliziert, denn sie dürfen nicht auf dem Weg kaputt gehen. …“ (Luz, studiert Architektur)

„… sind wir hier wieder zum Präsenzunterricht zurückgekehrt, nachdem wir mehr als zwei Jahre lang zu Hause waren und virtuell am Unterricht teilgenommen haben.

Andererseits möchte ich Ihnen auch von der Pandemie erzählen und davon, wie sehr sie uns hier getroffen hat, vor allem auch unsere psychische Gesundheit, denn wir waren lange Zeit eingesperrt. Unser Leben hat sich verändert und wir mussten uns an die neuen Umstände anpassen. Ich bin mir sicher, dass die Pandemie auch meine Spiritualität beeinflusst hat, denn ich litt und leide unter dem Verlust einiger Familienmitglieder und stellte einige Dinge in Frage.  Ich war ungerecht und suchte nach Schuldigen für diese Situation. Aber jetzt, durch die Rückkehr in die Kapelle, habe ich mich mit Gott versöhnt, und das fühlt sich gut an.

Zurzeit unterstütze ich weiterhin die Firm-Katechese und wir sind von den Jugendlichen sehr gut angenommen worden. …“ (Lucero, studiert Psychologie)

„… An den Wochenenden arbeite ich nachmittags bis zum Abend bei Cineplanet, um meine Familie wirtschaftlich ein wenig zu unterstützen. Ansonsten besuche ich am Sonntagmorgen die Messe und gehe dann mit „meinen“ Kindern zusammen zur Katechese. Nach der Katechese treffen wir uns alle und die Koordinatorin gibt uns weitere Informationen.

Was meine Familie betrifft, so sind wir zu Hause Gott sei Dank gesund, außer meiner Mutter, die sich in einem heiklen Gesundheitszustand befindet. Ihre Krebserkrankung ist zurückgekommen, ihr Krebs wurde sozusagen „reaktiviert“. Damit der bösartige Tumor nicht weiter fortschreitet, muss sie sich erneut einer Behandlung unterziehen. Und da diese Behandlungen teuer sind, wirkt sich das auch auf die wirtschaftliche Situation zu Hause aus und aus diesem Grund habe ich angefangen zu arbeiten, um etwas zusätzliches Einkommen zu erzielen. …“ (Gina, lernt klinische Laborantin)

„… Ich wohne im Haus meiner Großmutter, zusammen mit meiner Mutter, Onkeln, Tanten, Cousins, Cousinen, Nichten und Neffen. Ich habe einen jüngeren Bruder, 11 Jahre, der bei meinem Vater lebt, ich besuche ihn von Zeit zu Zeit. Meine Familie ist, Gott sei Dank, gesund und auch seelisch erholen wir uns langsam, da wir in der Pandemie ein sehr nahes Familienmitglied verloren haben. Die Pandemie hat mich auch in spiritueller Hinsicht sehr erschüttert, ich war frustriert, da wir uns nicht mehr in der Pfarrei treffen konnten und es auch keine Präsenz-Gottesdienste gab und ich entfernte mich von Gott. Aber im Laufe der Monate gelang es mir, mich zu erholen und durch das Gebet näherte ich mich wieder an und stärkte meinen Glauben. Jetzt, nachdem sich die Dinge wieder normalisieren, habe ich das Gefühl, dass ich mit meinem Herzen zurückgekehrt und wieder bereit bin für die verschiedenen Dienste, die ich in der Pfarrgemeinde leiste. …“ (Piero, studiert Umweltingenieurwissenschaften)

Die Stipendiaten und wir danken insbesondere den Unterstützern dieser Ausbildungswege, der die Versorgung dieser jungen Menschen und zahlreicher Angehöriger in Zukunft sichert, nicht zuletzt in Form eines vorbildlichen Verhaltens. Wissen und Bildung sind auch in den politisch unruhigen Zeiten, die Peru durchlebt, der einzige Weg, um diese Zukunft auch aktiv mitzugestalten.